Wir leben in einer Kultur, die auf Belohnung, Erfolg, Innovation und die ständige Suche nach Neuem ausgerichtet ist – eine dopamingetriebene Gesellschaft. Das Belohnungssystem im Gehirn spielt hierbei eine entscheidende Rolle, da es unsere Motivation, unser Vergnügen und unser Lernen steuert. Belohnende Aktivitäten wie Essen, Trinken oder soziale Interaktionen setzen Dopamin frei und verstärken unser Verhalten, was Antrieb und Wachstum fördert.
Doch diese auf ständige Anreize und Belohnungen ausgerichtete Kultur hat auch ihre Schattenseiten. Die fortwährende Suche nach dem nächsten Dopaminkick führt oft zu Abhängigkeiten wie Medien-, Substanz- und Spielsucht. Ein dopamingesteuertes Leben kann chronische Unzufriedenheit hervorrufen und zu Überreizung führen.
Die allgegenwärtige Verfügbarkeit von Belohnungen und konditioniertes Verhalten, wie das Greifen nach dem Smartphone bei Langeweile oder das Konsumieren von Komfortessen, machen uns anfällig für Suchtverhalten. Darüber hinaus beeinträchtigen Stress, Schlafmangel, Bewegungsarmut, ungesunde Ernährung und Substanzmissbrauch unsere mentale und körperliche Gesundheit sowie die Funktion unseres Belohnungssystems.
Wir gehen oft davon aus, aus freiem Willen zu entscheiden, auf welche Art und Weise wir uns belohnen, aber ist das wirklich so?
Unternehmen bieten ständig neue Produkte an, die unser Belohnungssystem fortwährend stimulieren. Smartphones und Apps sind so gestaltet, dass sie durch Benachrichtigungen und neue Inhalte ständige Belohnungen bieten. Werbung nutzt neurowissenschaftliche Erkenntnisse, um sofortige Befriedigung zu versprechen. Beispiele wie „Das Beste oder nichts“, „Die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt“ oder „Taste the feeling“ verdeutlichen dies.
Mich persönlich verblüfft es immer wieder, wie mein Belohnungssystem gerade in stressigen Lebensphasen meine Selbstdisziplin aushebeln und die Oberhand gewinnen kann.
Vielleicht gelingt es mir in solchen Momenten gerade noch, einem amerikanischen Käsekuchen mit doppelter Brownie-Füllung oder einem Bahama-Mama-Cocktail mit Flamingo-Strohhalm zu widerstehen, da ich weiß, dass zu viel Zucker und Alkohol bei mir am nächsten Tag zu einem üblen Brummschädel führen.
Aber bei zu lange anhaltender nervlicher Belastung verabschiedet sich meine Willenskraft, und ich falle auf Lockangebote wie „Kaufe drei Kosmetikprodukte und erhalte einen Glitzerpuder gratis“ herein. Wahrscheinlich ist so ein Frustkauf der schnell verfügbare Ersatz für die Magie des echten Sternenstaubs, nach dem ich mich in diesem anstrengenden Großstadtleben so sehr sehne.
Wenn wir die Mechanismen unseres Belohnungssystems durchschauen, bewusster agieren und uns selbst zügeln, können wir mehr innere Autonomie erlangen. Ein maßvoller Umgang mit den vielen verlockenden Ablenkungen lässt uns mit der Zeit immer mehr innere Unabhängigkeit erlangen. Das erfordert manchmal Opferbereitschaft, zahlt sich aber langfristig aus. Hier ein paar erprobte Guidelines:
1. Hedonistisches Vergnügen vs. eudaimonisches Vergnügen
o Hedonistisches Vergnügen: Kurzfristige Freuden durch sofortige Belohnungen.
o Eudaimonisches Vergnügen: Langfristige, sinnstiftende Freuden durch bedeutungsvolle Aktivitäten und persönliche Ziele.
2. Selbstreflexion und Achtsamkeit
o Achtsamkeit und Meditation: Fördern Balance und reduzieren impulsives Verhalten.
o Yoga und Entspannungstechniken: Unterstützen Stressabbau und regulieren das Belohnungssystem.
3. Gesunde Gewohnheiten
o Regelmäßige Bewegung: Fördert gesunde Dopaminausschüttung und beugt Suchtverhalten vor.
o Ausgewogene Ernährung: Unterstützt Dopaminproduktion und stabilisiert Wohlbefinden.
o Routinen etablieren: Regelmäßige Pausen und ausreichender Schlaf fördern die Gesundheit.
4. Soziale Unterstützung
o Soziale Interaktionen: Fördern natürliche Dopaminausschüttung.
o Therapeutische Unterstützung: Professionelle Hilfe bei problematischem Suchtverhalten in Anspruch nehmen.
5. Bewusste Auszeiten
o Digitale Pausen: Fokus auf Wesentliches durch Zeiten ohne digitale Ablenkungen.
Ziele und Dankbarkeit
o Realistische Ziele setzen: Bringen Freude und Erfüllung.
o Neue Fähigkeiten erlernen: Stärken Selbstwertgefühl.
o Freiwilligenarbeit: Erfüllt und hilft anderen.
o Dankbarkeit praktizieren: Wertschätzt positive Lebensaspekte.
7. Kreative Tätigkeiten und Natur erleben
o Kreative Tätigkeiten: Fördern Dopaminausschüttung und heben die Stimmung.
o Zeit in der Natur: Stressabbau und Wohlbefinden durch Aktivitäten im Freien.
Franz Erni