Veröffentlich am 08.07.2020 in schul - keine Kommentare

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Bestandesaufnahme und Zukunftsbild
Mit diesem Positionspapier nehmen die Grünliberalen Kanton Zürich eine Bestandesaufnahme im Bereich
Volksschule vor und zeigen auf, in welche Richtung sich unser Schulsystem weiterentwickeln sollte, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Aus diesen Positionen können in einem zweiten Schritt konkrete Vorstösse und Handlungen im politischen Alltag abgeleitet werden.
Die Grünliberalen gehen von folgenden Einschätzungen der aktuellen Situation sowie Annahmen für die
Zukunft aus, auf welche unser Schulsystem sowie Bildung allgemein auszurichten ist.
Chancen
In verschiedenen Bereichen werden aktuell grosse Entwicklungssprünge sichtbar, beispielsweise bei der
Künstlichen Intelligenz, in der Robotik oder Gentechnologie. Diese Entwicklungen greifen ineinander und
potenzieren sich gegenseitig, sodass in den nächsten Jahren vieles möglich werden wird, was bisher
unmöglich schien. Diese technologischen Chancen gilt es zu nutzen, um Umwelt- und Energieprobleme zu lösen und die globalen Lebensbedingungen weiter zu verbessern. Eine gute Bildung und Talent-förderung der nächsten Generation ist daher essenziell.
Herausforderungen
Neue Technologien bergen immer auch Risiken und sie bringen schnelle Veränderungen mit sich. Eine
vernetztere Welt auf allen Ebenen verleiht dieser Entwicklung zusätzlich Schub. Treffen solche Umwälzungen auf eine instabile Weltlage, wie dies aktuell der Fall ist, kann dies in grösseren Verwerfungen resultieren. Wir gehen daher davon aus, dass wir in den nächsten Jahrzehnten zunehmende ökologische, ökonomische, politische und soziale Turbulenzen erleben werden, welche uns, unser Knowhow sowie unsere Kreativität herausfordern. Die Menschen, die diese Lösungen massgeblich mitprägen werden, gehen gerade zur Schule.
Zukunftskompetenzen
Grosse Herausforderungen lassen sich nur im Team und interdisziplinär meistern. Für eine gesicherte Zukunft sind deshalb Fähigkeiten gefragt wie vernetztes Denken, gute Zusammenarbeit in Teams, kreative
Lösungsfindung, Denken «out of the box» sowie ein kritischer Geist, der potenzielle Risiken erkennt.
Bereits mit dem Aufkommen des Internets haben der klassische Wissenserwerb und das Auswendiglernen in der Schule an Bedeutung verloren. Mit der verbreiteten Anwendung von Maschinenlernen und Künstlicher Intelligenz wird dieser Trend noch verstärkt. Wichtiger werden hingegen alle Kompetenzen, welche nicht oder nur beschränkt durch Maschinen ausgeführt werden können. Diese Kompetenzen sind im Begriff der 4K zusammengefasst: Kommunikation, Kollaboration, Kreativität, Kritisches Denken.

Breites Bildungsverständnis
An Bildung beteiligt ist nicht nur die Schule als Haus des formalen Lernens, sondern auch das formelle und informelle Lernen, welches ausserhalb des schulischen Lernens stattfindet. Eine immer komplexere und vernetztere Welt verlangt nach übergreifendem, interdisziplinärem Lernen und Denken in grossen Zusammenhängen.

Hoher Spezialisierungsgrad
Die hohe Spezialisierung in unzähligen Bereichen und die Nutzung von Chancen zur Lösung globaler
Herausforderungen bedingen eine frühe Erkennung und Förderung individueller Talente und Stärken.
Neugier und Erkundungsdrang sind der Motor der kindlichen Entwicklung und auch von Innovation. Oder wie Einstein einst sagte: «Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig.»

Solide Grundbildung als Basis für den gesellschaftlichen Zusammenhalt
Eine funktionierende Demokratie sowie Meinungsfreiheit, Toleranz und Gleichberechtigung bilden die
Grundlage einer offenen, partizipativen und leistungsfähigen Gesellschaft. Voraussetzung dafür ist eine gute Grundbildung, Chancengerechtigkeit in der Bildung und dass niemand zurückgelassen wird. Alle künftigen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger müssen befähigt werden, komplexe Fragestellungen zu verstehen sowie Chancen und Risiken von Vorhaben abschätzen zu können.

Zentrale MINT-Kompetenzen
Technologie ist bereits heute in allen Berufen gegenwärtig und gewinnt an Relevanz. Künstliche Intelligenz nimmt uns Arbeiten und damit auch Entscheidungen ab. Je komplexer die Technologie, desto weniger ist ihr Verhalten nachvollziehbar. Umso wichtiger werden technologische Grundkenntnisse um technische Funktionen verstehen und einschätzen zu können. Basis dafür bilden die MINT-Fächer (MINT=Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik).

Schnelle Veränderungen erfordern Agilität
Schnell aufeinanderfolgende neue Entwicklungen und gesellschaftliche Veränderungen erfordern solides
Grundlagenwissen, Anpassungsfähigkeit und profunde Kenntnisse von Projektmanagementwissen, um mit den sich verändernden Bedingungen Schritt zu halten.

Steigende Heterogenität
Auch die Heterogenität innerhalb der Gesellschaft nimmt zu. Bereits beim Eintritt in die Schule sind die
Unterschiede gross, die nötigen Unterstützungsmassnahmen nehmen zu. Die Idee, dass alle bis zum Ende der obligatorischen Schulzeit demselben Unterricht folgen, ist nicht mehr zeitgemäss.

Lebenslanges Lernen
Der traditionelle Betrachtungshorizont von Bildung ist ein Bildungszyklus, gefolgt von einem Arbeitszyklus. Dies ist im Wandel begriffen. Die Schulzeit ist lediglich Anfangspunkt und Vorbereitung für ständige Weiterentwicklung und lebenslanges Lernen.

Überhitztes Bildungssystem
Die letzten Jahrzehnte waren geprägt von einem additiven Lösungsverständnis: die Lerninhalte wurden
laufend ergänzt, um neue Anforderungen zu integrieren, beispielsweise mit Englisch, Medien und Informatik, Musikalischer Grundbildung, Religion und Kultur, etc. Es ist jedoch ein Trugschluss, dass durch immer höhere Anforderungen und mehr Wochenstunden auch mehr gelernt wird. Dies kann auch ins Gegenteil kippen. Die steigende Zahl von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Problemen ist ein Hinweis darauf, dass die Grenze erreicht ist.
Das aktuelle Stundenpensum beispielsweise einer Sekundarschülerin liegt bei 32 bis 36 Lektionen. Rechnet man die ausserschulische Lernzeit dazu, haben bereits 12-jährige ein Erwachsenenpensum. Im Unterschied zum Erwachsenen wechseln die Themen jedoch 4-5mal täglich. Immer mehr Jugendliche sind damit überfordert. Die Zahl auffälliger, lernmüder Jugendlicher nimmt zu. Zeit für selbstgesteuerte Aktivität und das Sammeln eigener Erfahrungen fehlt weitgehend.

Zentrale Bildungsinhalte
Klassischer Wissenserwerb bleibt wichtig
Grundlagen in der Erstsprache Deutsch und Mathematik bleiben zentral und benötigen eine hohe
Stundendotation, damit Dinge verstanden, Funktionsweisen erkannt und Kompetenzen in allen Bereichen
angeeignet werden können.

Technologieverständnis
Ein höheres Grundverständnis moderner Technologie gehört zur Grundbildung, nicht nur
anwendungsorientiert, sondern auch ein vertieftes Verständnis von Funktion und innenliegender Logik.

Bildung als Projekt des Lebenslangen Lernens
Der Betrachtungshorizont von Bildung ist neu auszurichten auf das Konzept des lebenslangen Lernens.
Entsprechend kann nicht mehr alles, was man im Leben braucht, in neun bzw. elf Schuljahren erlernt werden.

Die Bildungsinhalte sind neu aufzuteilen, die Schulzeit lediglich als Anfangspunkt zu betrachten.
Dasselbe gilt auch für die Ausbildung von Lehrpersonen. Der Studiengang bildet den Anfang, danach werden Praxiserfahrungen gesammelt und parallel dazu weitere Kompetenzen erworben. Nach der allgemeinen Grundausbildung soll die Zulassung zum Unterrichten erteilt werden, Vertiefungen und Erweiterungen folgen schrittweise und praxisbegleitend. Die Bereitschaft, sich laufend weiterzubilden, soll Voraussetzung sein für die Gewährung von Lohnanstiegen.

Denken in übergreifenden Zusammenhängen
Um einer komplexeren Welt Rechnung zu tragen, muss der klassische Fächerkanon mit einem
übergreifenden, interdisziplinären Denken in Einklang gebracht werden. Lehrpersonen benötigen dafür
genügend Spielraum in der Unterrichtgestaltung.

Zeit für selbstgesteuertes Lernen und die Entwicklung von Talenten
Lerninhalte – Weniger ist mehr
Die obligatorischen Lerninhalte sind radikal zu entschlacken. Für das Erreichen der Grundansprüche des
Lehrplans sollen im Durchschnitt zwei Drittel der Lernzeit genügen. Weniger ist am Ende tatsächlich mehr.
Zeit für Vertiefung und die Entwicklung individueller Stärken
Ein Drittel der Lernzeit bleibt vorbehalten für die Vertiefung von Lerninhalten bei Bedarf oder die Arbeit an eigenen Stärken und Talenten. Auch bei schwächeren Schülerinnen und Schülern ist ein Zeitbudget für die Förderung ihrer Stärken längerfristig sinnvoll, um den Willen zum lebenslangen Lernen aufrecht zu erhalten und Engagement zu wecken.

Priorisierung der Lerninhalte
Um den Lehrplan zu entschlacken, müssen klare Prioritäten gesetzt werden. Die Curricula der
weiterführenden Schulen sind entsprechend anzupassen. Insbesondere bei schwächeren Jugendlichen ist
eine Fokussierung auf zentrale Inhalte notwendig. Im Gegenzug sicherzustellen, dass Lerninhalte bei Bedarf nach der obligatorischen Schulzeit nachgearbeitet werden können, um keine Jugendlichen in ihrer
individuellen Laufbahn zu benachteiligen.
In einer Gesamtschau, wo die aktuellen Herausforderungen liegen und welche Kompetenzen unabdingbar
den Grundkompetenzen zuzurechnen sind, steht für schwächere Schülerinnen und Schüler beispielsweise ein umfangreicher Fremdsprachenunterricht nicht im Fokus. Wir sind ein mehrsprachiges Land und diese
Tradition gilt es zu pflegen. Daher soll beispielsweise im Rahmen des Berufswahljahres nach der
obligatorischen Schulzeit ein freiwilliges Angebot geschaffen werden, welches mit einem mehrmonatigen
Sprachaufenthalt fundierte Sprachkenntnisse ermöglicht. Für zahlreiche Berufe sind heute
Französischkenntnisse nicht mehr zwingende Voraussetzung, gute Deutschkenntnisse sind zu priorisieren.

Noten
Noten sollen weiterhin als Indikator dafür dienen, wo ein Kind im Vergleich ungefähr steht. Sie werden
ergänzt durch die formative Beurteilung, welche die Lernenden in ihrem Lernprozess begleitet und mit
individuellem Feedback und punktuellen Zielvereinbarungen unterstützt.

Weg vom 45-Minuten-Takt
Der Unterricht soll sich von einer stark durchgetakteten Unterrichtsorganisation lösen und sich in Richtung von mehr erfahrungsbasiertem, spielerischem und projektorientiertem Lernen entwickeln. Lebenslange Leidenschaften und Interessen können so geweckt und Spezialisierungen vorbereitet werden.

Selbstgesteuertes Lernen
Kompetenzen wie: wie eigne ich mir neues Wissen an, wie lerne ich, Selbstorganisation, Wertschätzung,
Selbstanerkennung, Kritikfähigkeit, Resilienz, Bedürfnisaufschub sind in diesen offeneren Unterricht
stufengerecht zu integrieren.

Lehrmittel
Damit gewährleistet bleibt und die Lehrpersonen das Vertrauen haben, dass die Mindestanforderungen von möglichst allen Schülerinnen und Schülern erreicht werden, ist die Entwicklung von entsprechenden
praxisnahen Lehrmitteln zu unterstützen. Die verschiedenen Lern- und Sprachniveaus sind dabei zu
berücksichtigen und korrespondierende Lehrpersonenweiterbildungen zu planen.

Lehrplan 21
Um all dies umzusetzen, ist keine Überarbeitung des aktuellen Lehrplans notwendig. Dieser verfügt über gute Grundlagen und Entwicklungen, wie fächerübergreifendes Lernen oder das vertiefte Arbeiten an einem Thema über mehrere Tage oder Wochen, sind darin bereits angedacht. Anzupassen sind lediglich die Grundanforderungen, die im jeweiligen Zyklus zu erreichen sind.

Individuelle Stärken fördern
Begabungs- bzw. Talentförderung muss ein höheres Gewicht erhalten, individuelle Stärken und Schwächen sollen früh bereits ab Primarstufe gefördert und die entsprechende Zeit zur Verfügung gestellt werden. Dies eröffnet die Möglichkeit, Stärken ausserhalb der klassischen Schulfächer zu entdecken und daran zu arbeiten.
Zur Entwicklung von individuellen Talenten und Stärken wird eine Bewertung sowie Würdigung dieser in
Ergänzung zum aktuellen Notenzeugnis festgehalten.

Maker Spaces für eigenmotiviertes Arbeiten
So genannte «Maker-Spaces» oder «Forschungslabore» sind auf Primarschulanlagen oder in Gehdistanz zu diesen anzustreben. Sie können beispielsweise auch in einem Gemeinschaftszentrum oder einer Bibliothek untergebracht sein. Diese Räume sind so ausgerüstet, dass eigene Projekte, auch technisch anspruchsvolle, umgesetzt werden können.

Schulgemeinschaft und Demokratiebildung
Sozialisation und Sozialkompetenz
Der Förderung von individuellen Talenten sind eine umfassende Grundbildung für alle, sowie genügend
soziale Interaktionen, Teamarbeit und gemeinsame Lernerlebnisse gegenüberzustellen, um eine Basis für das Zusammenleben, das gemeinsame Verständnis und eine demokratische Gesellschaft zu schaffen. Schule ist der Ort, wo Einzelrechte gegenüber dem Recht der Gemeinschaft ausbalanciert werden, wo dies gelernt und gelebt wird.

Teamfähigkeit
Demokratiebildung und das Verständnis einer lernenden Gemeinschaft, in welcher sich alle an der
gemeinsamen Weiterentwicklung beteiligen, ist ein zentrales Lernfeld einer jeden Schule. Die Arbeit im Team und die Erfahrung, dass man gemeinsam weiterkommt, erhält mehr Gewicht vor Einzelleistungen.
Beziehungskontinuität
Die Reduktion der Anzahl Lehrpersonen an einer Klasse hat grosse Priorität, um Ruhe ins System zu bringen, das Stundenplankorsett zu lösen und Lernen ausserhalb des 45-Minuten-Takts zu ermöglichen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind flexiblere Lösungen bei der Stellenbesetzung und Klassenbildung zuzulassen wie beispielsweise verschiedene Klassengrössen, mehr Klassenassistenz, zwei Lehrpersonen an einer Klasse und weitere. Klassenassistenzen sollen zudem Weiterbildungen absolvieren können, um sie vielfältiger einzusetzen.

Tagesstrukturen
Verschiedene Familienmodelle wie auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind mit geeigneten und
flexiblen Tagesstrukturen sowie einem angemessenen Betreuungsschlüssel zu ermöglichen. Es wird an dieser Stelle auf das Positionspapier «Familienpolitik der Grünliberalen» verwiesen.

Pädagogik – Inklusion statt Integration
Heterogenität als neue Normalität
Heterogenität ist die neue Normalität, gelebte Inklusion der Umgang damit. In einer inklusiven Schule
erhalten alle möglichst gleiche Chancen in ihrer individuellen Entwicklung. Unterschiede hinsichtlich der
Vielfalt in Kultur, Religion, Geschlecht, Fähigkeiten oder sozioökonomischem Hintergrund werden gelebt und geschätzt und für die individuelle Entwicklung die besten Rahmenbedingungen im Rahmen des Möglichen geschaffen.

Gelebte Inklusion
Eine inklusive Haltung ist für die Grünliberalen selbstverständlich. Inklusion misst sich jedoch nicht daran, ob Kinder im selben Raum geschult werden. Jedes Kind soll so geschult werden, wie es möglich und sinnvoll ist. Dafür sind neben Regelschulung und Sonderschulung weitere Möglichkeiten zu prüfen wie Schulinseln, Time-Out-Lösungen oder Teilzeit-Kleinklassen, um Lernende bei Bedarf für eine begrenzte Zeit aus der Klasse zu nehmen, das System Klasse zu entlasten und um einen Wiedereinstieg in die Regelklasse vorzubereiten.

Spielraum für individuelle Lösungen vor Ort
Die einzelne Schule trägt die Verantwortung für die angemessene Schulung eines jeden Kindes und benötigt die entsprechenden Kompetenzen und Möglichkeiten, um auf individuelle Bedürfnisse reagieren zu können.

Das Budget für den Bereich Sonderpädagogik, beziehungsweise Pädagogik, ist als Gesamtbudget zur
Verfügung zu stellen, welches von den Schulen vor Ort bedarfsgerecht eingesetzt wird. Aufsichts- und
Qualitätssicherungsmassnahmen stellen sicher, dass die getroffenen Massnahmen fair sind und legitime
Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt werden.

Innerhalb des Gesamtbudgets werden für Lernende vor Ort optimale Lösungen gesucht, auch
unkonventionelle Ansätze können je nach Situation zielführend sein.
Der bestehende Kostenteiler ist dabei den Kompetenzen von Kanton und Gemeinden anzugleichen.

Lehrpersonen als »Edupreneure»
Edupreneur ist eine Wortkombination aus «Education» und «Entrepreneur» und bezeichnet kreative und
lernende Menschen, die aktiv das Lernen und Lehren von morgen mitgestalten. In einer Zeit schneller
Entwicklungen können sich Lehrpersonen nicht nur auf ein Bildungssystem mit langen
Entwicklungshorizonten verlassen. Sie müssen sich ein eigenes, aktuelles Bild der künftigen Herausforderungen machen und sie brauchen pädagogischen Spielraum und Freiräume, um auf Bedürfnisse einzugehen und Entwicklungen zu adaptieren – sowie Mut, um Spielräume zu nutzen.

Altersgerechtes Schuleintrittsalter
Die Eintrittsschwelle für den Kindergarten ist wieder zu erhöhen. Das frühere Eintrittsalter, welches mit der
Schulharmonisierung der Deutschschweizer Kantone (HARMOS) eingeführt wurde, hat sich nicht bewährt und bringt zahlreiche Probleme und hohe Kosten mit sich, die Bildungsqualität jedoch hat sich nicht verbessert.

Frühe Förderung
Frühe Förderung vor dem Kindergarteneintritt ist als eine von verschiedenen Massnahmen zu nutzen, um
sozioökonomische Unterschiede auszugleichen. Wichtig ist insbesondere die Förderung von
Deutschkenntnissen. Mit Hilfe früher Förderung können Ungleichheiten reduziert, jedoch nicht annähernd
ausgeglichen werden. Zudem bedeuten Frühfördermassnahmen auch immer eine Gratwanderung zwischen der Privatsphäre einer Familie und dem gesellschaftlichen Interesse. Massnahmen gegen den Willen der Familie dürfen nur in Notfällen und durch die KESB angeordnet werden.

Agile Schul- und Qualitätsentwicklung
Schulen als Lernende Organisationen

Entwicklungsprojekte werden nach den Grundlagen des Projektmanagements ausgeführt und evaluiert.
Schulen sollen sich als Lernende Organisation verstehen, welche ihre Arbeit in regelmässigen Abständen
evaluiert und daraus Entwicklungsschritte für die Zukunft formuliert.
Schulen brauchen den notwendigen Spielraum, um schnell und situationsangepasst zu reagieren und sich
weiterzuentwickeln. Dafür sind gezielt Kompetenzen näher an die Expertinnen und Experten vor Ort zu
delegieren.

Fachstelle FSB als innovative Qualitätsentwicklungspartnerin
Die kantonale Fachstelle für Schulevaluation ist zuständig für die Sicherstellung einer hohen und einheitlichen Schulqualität im ganzen Kanton. Ihre Qualitätsansprüche sind flexibler an die aktuellen Entwicklungen im Schulumfeld und in der Gesellschaft anzupassen, der administrative Aufwand der Evaluation für die Schulen zu reduzieren.
Für Entwicklungsvorhaben auf kantonaler Ebene sind Projektstrukturen zu schaffen, welche schnell auf
Entwicklungen reagieren und neue Konzepte vor einer generellen Einführung gründlich in der Praxis testen können (Experimentierartikel)

Stärkung der Berufsbildung
Zum Schluss einige Sätze zu den weiterführenden Schulen und Abschlüssen. Die Matura mit anschliessendem Bachelor und Master geniesst in unserer Gesellschaft einen viel grösseren Stellenwert als andere berufliche Laufbahnen. Dadurch wird die ganze Schulkarriere bereits in der Primarschule darauf ausgerichtet, was zu falschen Anreizen führt, und unnötigen Druck auslöst bei Eltern, Schülerinnen und Schülern wie auch Lehrpersonen.

Echte Gleichwertigkeit der Abschlüsse
Das Berufsbildungssystem der Schweiz mit einem hohen Praxisanteil hat sich bewährt. In der tertiären
Bildung haben Universitäten, Fachhochschulen und die Höhere Berufsbildung je eigene Profile und Aufträge.

Sie sind nicht nur auf dem Papier, sondern auch in Bezug auf Ressourceneinsatz, Eigenständigkeit, ihre
Reputation und zu vergebende Abschlüsse gleichzustellen. Auf dem Berufsbildungsweg erworbene
Praxiskompetenzen sind in geeigneter Form abzubilden, um eine echte Gleichwertigkeit der Abschlüsse zu erreichen.

In einer Wissensgesellschaft, die sich das lebenslange Lernen auf die Fahne geschrieben hat, muss neben
theoretischem Wissen auch die Praxiserfahrung einen äquivalenten Wert erhalten und in die Wertung eines Abschlusses miteinbezogen werden.

Weitere Verbesserung der Durchlässigkeit
Alle drei Institutionen der Tertiärstufe haben möglichst flexible Passerellen anzubieten, um unterschiedlichste Bildungsverläufe zu ermöglichen.



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Autor:in

Franz Erni

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